
„Der elementare Ausdruck architektonischer Formen ist ein gestischer. Er beruht einerseits auf Zeigequalitäten der gebauten Dinge, anderseits auf Empfindungen des fühlenden, sich bewegenden Leibes.“
— Wolfgang Meisenheimer
Sui Generis
Eleganz bedeutet nicht, die Umgebung zu überstrahlen, sondern sich mit ihr in Resonanz zu befinden - um einen eigenen Vers beizutragen. Eleganz zu schaffen ist kein linearer Prozess des One-to-Many: sondern ein Gemeinschaftsakt. Dessen Ergebnis bildet das Gesamtkunstwerk der Situation. Die Kunstform, welche dies vielleicht am stärksten inkarniert, ist die Oper: und in der Tat sind Opernbesuche für Aureir eine zentrale Inspiration. Nicht allein Bühnenbild, Musik, Schauspiel und Dichtung verschmelzen zu einem Ganzen jenseits der Summe seiner Komponenten, sondern auch Architektur des Opernhauses,
Garderobe des Publikums und dessen Betragen sind entscheidend. Weiter gefasst bleibt Kunst nicht auf den Anlass beschränkt - bis hin zu Joesph Beuys' Konzept, dass jeder Mensch ein Künstler ist und das Zusammenleben als soziale Plastik mitgestaltet.
Aureir-Objekte verstehen sich als Utensilien für diesen Prozess. Sie zu tragen ist eine bewusste Entscheidung; ein gestalterischer Akt. In diesem Geflecht nehmen sie die Rolle von Partituren ein: präzise gesetzt, aber offen für Interpretation. Sie fügen sich nicht als dekoratives Detail, sondern als eigenständiger Bestandteil in die Situation ein und machen deren Komplexität erst vollständig erfahrbar.
Tragbare Architektur
Architektur unterscheidet sich von purer Kunst dadurch, dass sie einen praktischen Zweck verfolgt und die damit einhergehenden Rahmenbedingungen berücksichtigt. Im Gegensatz zu Mode ist Architektur weniger flüchtig und stärker auf kollektive Wirkung fokussiert denn auf Sichtbarmachung individueller Persönlichkeit. Anliegen von Aureir ist die Herstellung menschenzentrierter Artefakte, die menschliches Miteinander als Geflecht aus Wechselwirkungen begreifen. Dies stellt die Anforderungen von Individuen als Gruppenwesen in den Vordergrund, welche die [sozialen] Räume der Gemeinschaft zugleich bewohnen und sie selbst mit gestalten: Individualismus als Baustein kollektiver Kreativität. Entsprechend bilden Aureir-Projekte eine Form tragbarer Architektur.
Mikrogebäude am menschlichen Körper. Grundlage ist ein technologiebasierter Gestaltungsprozess, mehr Ingenieursarbeit als Kunsthandwerk. Ergebnis sind Gebilde, die Stabilität, Nützlichkeit und Anmut kombinieren und sich durch ästhetische Autarkie nicht nach dem vorgefundenen Kontext richten, sondern diesen partiell auch definieren. Ein Aureir-Objekt ist nicht konzipiert, um durch den Kauf den eigenen Charakter auszudrücken. Vielmehr wurde es konzipiert, um darin mit dem eigenen Charakter „einzuziehen" und es in seiner Unmittelbarkeit umgekehrt im eigenen Leben Einzug halten zu lassen
Das Objekt wird zum Raum einer Begegnung. Es fasst Körperlinien, antwortet auf Haltung und Bewegung und gewinnt Gestalt in dieser gegenseitigen Durchdringung von Mensch und Artefakt.